„Die Geschichte der Menschheit ohne das Bier ist undenkbar“, so der Tenor der ZDF Ausstrahlung „Bier – Eine Weltgeschichte“ aus der Reihe Terra X. Die Germanen spielten dabei eine besondere Rolle. Schon Tacitus schrieb über die Germanen, dass sie der grössten Kälte trotzen können, aber nicht ihrem Durst nach Bier. Deutschland zählt heute zu den grössten Gerstenproduzenten für Bier der Welt.
Bier ist ein ständiger Begleiter der Menschheit weltweit von der Steinzeit an bis jetzt. Im Halbmondgebiet ( Iran, Süd Türkei und Ägypten) und China wurde in der Steinzeit vor 12.000 Jahren bereits ein bierähnliches Getränk hergestellt, noch bevor die Menschen sesshaft wurden. Reife Körner der gesammelten Gräser waren bereits sehr süss . Daraus entstand der Urtrunk aus zermahlener Gerste, Wasser und göttlicher Fügung Dieses leicht alkoholische Bier wurde von den damaligen Menschen bei Festen zur Belohnung nach der Ernte getrunken und soll somit die Sesshaftwerdung erleichtert haben. Dabei hat der Alkohl die Funktion das Belohungszentrum zu fördern und damit auch die Kommunikation und die Annäherung der Geschlechter. So kamen auf Festen mit anderen Stämmen auch eine Durchmischung der kleinen Gruppen zustande und es bildeten sich grössere Stämme. Die ersten Aufzeichnungen von der Bierherstellung findet man bei den Sumerern, die in den Tontäfelchen ihre Bierrezepte uns hinterliesen.
Ohne Bier gäbe es auch keine Pyramiden, da die tausenden von Arbeiter mit Bier bezahlt wurden. Bier war damals in Ägypten eine Währung. Die Ägypter kannten mehr als 27 Biersorten und wurde aus leicht gebackenem Sauerteig, leicht gerösteter Gerste, Gerstenmehl und Wasser unter Wäremeeinfluss hergestellt und war bereits nach einem Tag ein trinkbares leicht alkoholisches Getränk. Dabei landete die Hälfte der Getreideernet in Sudkesseln. Einmal im Jahr gab es ein grosses Bierfest. Auch waren die Ägypter die Erfinder des Mälzens.
Im 16.Jh. war Einbeck die Biermetropole Norddeutschlands. Das Bier von dort war so berühmt, dass sie es exportierten. Einbeck bestand fast nur noch aus Brauereien. In Worms 1521 soll Martin Luther nach einem Trunk des Einbecker Bieres den Mut gehabt haben seine Thesen nicht zu widerrufen. Vorallem Frauen brauten Bier im Mittelalter. Der Braukessel gehörte zur Grundaustattung der Braut und gute Hausfrauen erkannte man an ihrem Bier. Jeder hat das hausgebraute, nicht ganz so starke Bier, ob jung, alt oder sogar Schwangere getrunken. Durch das Kochen des Sudes (ab dem Mittelalter) wurde er steril und die antibakterielle Wirkung des Hopfens machten es haltbar. Dadurch war das Bier sicherer als das Wasser aus dem Brunnen.
Paracelsus nannte im 16.Jh. den Hopfen eine wahrhaft göttliche Medizin. Dadurch, dass das Bier dank dem Hopfen haltbar war, wurde es damit zum Handelsgut, das mit Schiffen in grossen Mengen transportiert wurde. Wo Handel und Wirtschaft waren gab es auch Bier. Das Einbecker Bier kam so bis nach Bayern, das damals noch Bierentwicklungsland war. Hier brauten die von Mönchen Bier nach dem Motto „Flüssiges bricht Fasten nicht“. Auch kannte man die alkoholische Gärung durch die Hefe nicht und so hatte das Brauen viel mit Aberglauben zu tun, ob das Bier etwas wird oder sauer vergärt. So kam das Hexagram, heute der Brauerstern aus dem Aberglauben und war eigentlich ein Dämonenstern der Heiden.
Europa war aber immer noch geteilt in Wein- und Biertrinker. Die Grenze verlief zwischen den biertrinkenden Germanen im Norden und dem ehemaligen von Römern besetzten Reich, in dem Wein angebaut wurde. Erst die kleine Eiszeit hat den Weinanbau zurückgedrängt und den Gersteanbau für Bier in Bayern vorrangebracht. Dazu kam noch, dass am Ende des 30 jährigen Krieges (1648) viele Weinberge zerstört waren. In Bayern versuchte man das gute Bier aus dem Norden zu kopieren, was nicht klappte und versetzte es so mit Kräutern, die teilweise giftig waren, wie Tollkirsche und Bilsenkraut um dem Geschmack nachzuhelfen. Da das Bier ein Exportgut werden sollte und somit auch Steuereinnahmen brachten, war der Ruf des Bieres besonders wichtig. Deswegen verabschiedete der Herzog von Bayern das erste Lebensmittelgestz 1516 in Ingolstadt, das bis heute als Reinheitsgebot in Bayern gilt. Herzog Wilhelm V. von Bayern war immer noch nicht zufrieden mit der Qualität und gründete 1566 das Hofbräuhaus in München und holte den Braumeister Elias Pichler aus Einbeck dorthin, um einbecksches Bier (später Bockbier genannt) in München zu brauen.
Die Paulaner Mönche brauten das beliebteste Bockbier, so dass andere Brauereien versuchten es zu verbieten. Dieses Bier enthielt 5mal mehr Hopfen als heute. In Kulmbach wurde durch einen Zufall im Winter der Eisbock hergestellt. Friedrich der Grosse hat das Brauhandwerk erlernt und mochte starkes Bier. Als Kaffee immer mehr in Mode kam, befahl er seinen Soldaten lieber Bier zu trinken. In München kam es 1844 zu einer Revolte, nachdem der Literpreis von Bier um 0,5 Kreuzer auf 6,5 Kreuzer erhöht wurde. Nach vier Tagen gab König Ludwig I. nach und senkte den Bierpreis auf 4 Kreuzer.
Die Brauereien förderten nicht nur die industriellen Erfindungen, sondern setzten sie auch als erste ein. So hatte die Moritzbahn von Nürnberg nach Fürth gleich hinter der Dampflock Adler zwei Bierfässer geladen und war somit das erste Transportgut der deutschen Eisenbahn. Das beliebte untergärige Bier konnte nur im Winter bis März gebraut werden, da die Hefe Temperaturen unter 9°C benötigt. Das im März für das Oktoberfest hergestellte Märzen Bier musst das verwendete Eis bis dahin in den Kellern so lange halten. Karl von Linde wusste zwar, wie man mit chemischen Stoffen Kälte produzieren kann aber erst die Brauereien gaben ihm Geld für die Realisierung. Die erste Kältemaschine von Linde steht noch in der Paulaner Brauerei und läuft heute noch.
Erst im 19. Jh. entdeckte man die Hefe und ihre alkoholische Gärung. Es gibt weit über 6000 Hefepilzsorten, die in der Luft und auf der Haut sitzen. Somit sind sie zusammen mit Milchsäure- und Essigbakterien die ältesten verwendeten Nutztiere der Menschen (Fermentation und Zivilisation hängen zusammen). Diese Hefepilze werden in der Hefebank in Weihenstephan gesammelt, untersucht und gezüchtet. Die heutigen verwendeten Bierhefepilze können durchaus von den Hefepilzen auf Haut der Frauen aus dem Mittelalter abstammen, die Bier noch mit der Hand gebraut hatten.
Die Industrialisierung in England ist auch in die Brauereien dort eingezogen. Das bei den Hafenarbeitern beliebte braune malzige Bier Porter (Lastenträger) musste lange gelagert werden. Das führte zu immer grösseren Lagerfässern, bis 1814 eines dieser Fässer platzte und sich 1,5 millionen Liter über Londons Stadtteil Soho ergossen. Danach wurde es unbeliebt und es kam das Pale Ale in Mode, das zum Transport in die Kolonien geeignet war (Indian Pale Ale, IPA). Dieses IPA war ein so stark alkolisches und gehopftes Bier, dass es in den Kolonien eigentlich wieder verdünnt werden sollte.
Den Biermarkt in den USA dominierten hauptsächlich deutsche Auswanderer, wie Miller, Anheuser und Busch. Gerade Busch hatte einen starken Expansionskurs entlang der Bahnlinien nach Westen entwickelt. Karl Konrad brachte ein helles böhmisches Bier von Budweis in die USA mit. In der Prohibition 1919 wurde kurz umgeschwenkt auf Speiseeis, Malzbier und Backzutaten.
Nach 10.000 Jahren Biergeschichte ist die Produktion von Bier so stark industrialisiert und konzentriert, dass auch der Biergeschmack ziemlich einheitlich geworden ist. Doch durch die Craftbeer Revolution, kommend aus den USA werden wieder regionale Geschmäcker entdeckt und in kleinen Mengen handwerkliches Bier produziert. Gerade die neuen Hopfensorten wecken die Kreativität der Kleinbrauer hervor.
Links:
https://www.zdf.de/dokumentation/terra-x/eine-weltgeschichte-des-bieres-anlaesslich-500-jahre-100.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Tacitus
http://www.spiegel.de/spiegelgeschichte/roemischer-historiker-tacitus-ueber-das-wesen-der-germanen-a-890966.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Kleine_Eiszeit
https://de.wikipedia.org/wiki/Staatliches_Hofbr%C3%A4uhaus
https://de.wikipedia.org/wiki/Oktoberfest
https://www.hefebank-weihenstephan.de/
https://de.wikipedia.org/wiki/Adolphus_Busch
https://de.wikipedia.org/wiki/Anheuser-Busch_Companies