Grünschlauchen und Schnellvergärprobe

Für die Aufkarbonisierung des Bieres gibt es verschiedene Wege. Als Anfänger nimmt man meistens eine bestimmte Menge Zucker. Dies ist aber nach dem bayerischen Reinheitsgebot für Bier von 1516 nicht zulässig. Dann steigt man um auf abgezweigte noch nicht angesetzte Würze als Speise. Bei grösseren Braumengen benötigt man dafür fast ein eigenes grosses Gefäß, da bis zu 10% der Würze vorgehalten werden müssen. Diese muss dazu sehr kühl gelagert werden und das Gefäß noch sehr gut desinfiziert sein. Dazu bildet sich dabei dann später durch die inaktive Hefe ein dickerer Bodensatz in der Flasche.

Es gibt aber auch drei Wege ohne Speise zu verwenden. Der erste ist das Grünschlauchen. Mit dieser Methode kommt es sehr auf das Messen der Stammwürze und Vergärungsgrades an und die Berechnung des entsprechenden Zeitpunktes des Abfüllens vor Beendigung der Hauptgärung. Die zweite Methode geht über die Anschaffung von Fässern mit Spundventil. Hier wird ein paar Tage vor dem Ende der Hauptgärung in das Fass abgefüllt und am Spundventil der gewünschte Druck eingestellt. Die dritte Methode benötigt ebenfalls ein Fass und eine CO2 Flasche über einen externen Anschluss. Hier wird komplett ausgegoren und in ein Fass abgefüllt. Anschließend wird von aussen CO2 auf das Fass gegeben. Dies kann auch erst beim Zapfen geschehen. Die günstigste Variante ist also das Grünschlauchen aber auch die komplexeste. Diese will ich hier gerne an einem Beispiel vorstellen. Das Verfahren gilt aber nur für untergärige Biere, da diese bei 10°C langsamer vergären, als die unbedingt zu erstellende Schnellvergärprobe.

Den ersten Wert, den wir unbedingt zuerst messen müssen, ist die Stammwürze der Ausschlagwürze, also vor dem Ansetzen der Würze mit Hefe. In den gängigsten Fällen sind das P_A = 12°P Stammwürze (A := Anfang) vor Beginn der Gärung. Nach dem Ansetzen wird eine Schnellvergärprobe erstellt. Dazu wird ein kleiner Teil der angesetzten Würze bei Raumtemperatur (21°C-24°C) soweit vergoren, bis sich der gemessene Spindelmesswert nach ein paar Tagen nicht mehr ändert P_E (E := Ende). Spätestens ab diesem Schritt rentiert sich die Anschaffung eines Refraktometers. Das Refraktometer zeigt dabei den Wert in Brix an, der durch einen Brechungsindex (1.02-1.06) korrigiert werden muss: P = Brix / 1,03.

Da bei der Messung des Würzegehaltes der Alkohol mit hineinspielt, muss dieser Wert korrigiert werden:

SG = 1 – 0.00085683*P_A+0.0034941*P_B
SRE = 668.72 * SG -205.347 * SG * SG – 463.37

Geht man von einem P_A = 12°P aus und P_E = 8°P, so hat man einen scheinbaren Endvergärungsgrad von SRE = 4,5°P. Der tatsächliche Endvergärungsgrad TRE wird dann damit berechnet:

TRE[°P] = 0,1808 · P_B[°P] + 0,8192 · SRE[°P].

Im Jungbier können somit TRE = 5,7°P erreicht werden kann.

In dem Jungbier ist bereits eine bestimmte Menge CO2 gelöst. Dies kann mit der folgenden Formel für eine bestimmte Gärtemperatur T berechnet werden:

CO2_a (g/l)  =  10,13 * e ^ (  -10,73797  +  (  2617,25  /   (  T + 273,5  )  )  )

Normale untergärige Hefen vergären bei T=10°C. So hat man ca 2,24g/L CO2 im Jungbier gelöst. Gängige spritzige Biere haben eine Kohlensäurekonzentration von CO2_z = 5g/L , somit fehlen noch:

CO2_d =  CO2_zCO2_a = 5g/L – 2,24g/L = 2,76g/L

Dabei bildet 0,1°P ~ 0,4g/L CO2 bei der Gärung. Somit brauchen wir zusätzlich erforderliches Extrakt:

zusätzlicher_Restextrakt = CO2_d  * ( 0,1°P / 0,4g/L ) = 2,76g/L * ( 0,1°P / 0,4g/L ) = 0,69°P

oder

zusätzlicher_Zucker = CO2_d  * 2 = 2,76g/L * 2 = 5,51 g/L

Wir müssen also zu dem Zeitpunkt grünschlauchen, wenn wir einen korrigierten Endvergärungsgrad von 4,5°P + 0,69°P = 5,2°P im Jungbier mit der Spindel messen.

Eine alternative Rechenmethode geht über die Ballingformel. Der Vorteil dabei ist, dass man die Ausgangsstammwürze nicht wissen muss. Der scheinbare Restextrakt SRE kann mit der Bierspindel im vergorenen Bier gemessen werden :

Dichte_SRE = 261,1 / ( 261,53 – SRE ) = 261,1 / ( 261,53 – 4,5°P) = 1,0159 g/L

Nun kann araus die SRE berechnet werden, ab dem geschlaucht werden kann,  um die Karbonisierung zu bekommen:

SRE(Grünschlauchen) = SRE(Schnellvergärprobe) + zusätzlicher_Zucker/ ( Dichte_SRE * 8,192)  = 4,5°P +5,51g/L / ( 1,0159 g/L * 8,192) = 5,17°P

Der Wert mit der Ballingformel weicht im hundersttel Bereich etwas ab, das aber nicht weiter viel ausmachen dürfte.

Links:
https://hobbybrauer.de/forum/wiki/doku.php/gruenschlauchen
https://hobbybrauer.de/forum/wiki/doku.php/schnellvergaerungsprobe
https://brauerei.mueggelland.de/refracto.html
https://zwieselbrau.wordpress.com/2016/07/13/bestimmung-der-speisemenge/
https://zwieselbrau.wordpress.com/2017/06/21/refraktometer/
https://github.com/sky4walk/brew_recipes/raw/master/BrauBerechnungen.ods

2 Kommentare zu „Grünschlauchen und Schnellvergärprobe

  1. Hallo Andre,

    ich glaube hier stimmt etwas nicht:
    5,7°P + 0,69°P = 6,4°P (ca. 8,7 Brix bei 12°P)

    Richtig wäre für den Schlauchzeitpunkt eine Spindelanzeige von:
    4,5°P + 0,69°P = 5,2°P (ca. 8 Brix bei 12°P)

    Anstatt mit dem Extrakt wirklich Ew[%] (bei Dir TRE[°P]) muss mit dem Extrakt scheinbar Es[%] (bei Dir SRE[°P]) gerechnet werden, um den korrekten Schlauchzeitpunkt via Spindel und/oder Refraktometer zu ermitteln.

    Der Ew[%] (bei Dir TRE[°P]) lässt sich mit der Spindel im Bier weder in Anteilen noch im Ganzen ermitteln, was die Verwendung des Ew[%]/TRE als Berechnungsgrundlage für einen (geplanten) Spindelwert tückisch macht.
    Die Tücke liegt darin, dass in einem 3-Phasen-Gemisch(Wasser,Extrakt,Alkohol) gemessen, aber auf Basis eines 2-Phasen-Gemischs(Extrakt wirklich Ew[%] / TRE[°P]) gerechnet wird. Auf diese Weise bleibt der Einfluss des Alkohols auf den Spindelwert, respektive auf die Dichtemessung, unberücksichtigt.

    Gruß
    Oli

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  2. Hallo Andre,

    es gibt noch eine ganz sichere Methode den CO2 gehalt im Bier einzustellen. Das endvergorene Bier wird in einen Cola Container geschlaucht. Im Kopfraum des Containers wird etwas Freiraum gelassen.
    Zur Temperatur und dem gewünschten CO2 gehalt wird der Sättigungsdruck ermittelt und der entsprechende Druck auf dem Container gegeben. Der CO2 Anschluß wird entfernt und der Container geschüttelt. Dann wird der Container wieder mit Druck beaufschlagt. Durch das Schütteln hat sich CO2 im Bier gelöst und er Druck im Kopfraum des Containers ist abgefallen. Das ganze wird solange wiederholt, bis der Druck im Kopfraum nicht mehr abnimmt. Man muss den Druck im Kopfraum nicht messen, man bekommt sehr gut mit, wann der Druck im Kopfraum nicht mehr abnimmt.

    Gruß der Alexbräu

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